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(Foto von Werner Fröhlich)

Zentrum Waldviertel

Ende Juni 1964 erhält Franz Grabmayr von Professor Herbert Boeckl das Diplom der Akademie am Schillerplatz. Unmittelbar danach übersiedelt er ins Schloss Rosenau, westlich der alten Kuenringerstadt Zwettl. In der charakteristischen Landschaft des Waldviertels mit seinen Hügeln und Mulden, mit seinen mystischen Granit-Steingruppen, gelben Kornfeldern und markanten Bäumen, mit seiner Abgeschiedenheit kann er ungestört seine großflächige Landschaftsmalerei entwickeln. Die wichtigste Entscheidung seines Lebens ist gefallen. Der holländische Malerkollege Raymond Both sagt Mitte der achtziger Jahre zu ihm: "Nur hier im Waldviertel hast du deine Bilder malen können, nirgends sonst."

Grabmayr: "Am 4. Mai 64 ist der Otto Eder zu mir in die Akademie gekommen und hat gesagt: Franz, wir müssen in die Einsamkeit gehen. Die Kritiker, die holen wir uns dann alle hinauf, aber wir müssen in der Einsamkeit arbeiten. In der Stadt gehen wir zugrunde. So sind wir hinauf gefahren, nach Zwettl, mit dem Zug. Und dann haben wir müssen zu Fuß gehen, die 8 Kilometer nach Rosenau. Da hat's keinen Bus und nix gegeben, um diese Uhrzeit. So sind wir halt marschiert."


Baum mit verfallenem Haus II, 1966, Öl auf Jute, 145 x 160 cm
Neun Jahre lang kann Franz Grabmayr ungehindert und unbehelligt im Schloss Rosenau arbeiten, allerdings unter harten Lebensbedingungen. Trinkwasser muss mehrere hundert Meter herbeigeschleppt werden. Grabmayr wohnt im zweiten Stock. Im Parterre gibt es nur bräunliches "Nutzwasser" zum Waschen und Geschirrspülen. Seine Frau Ingrid: "Die Familie hat es ohne erkennbare gesundheitliche Schäden überstanden. Nur Franz hat im Herbst 1966 eine schwere Gelbsucht erwischt. Farbsäcke und große Leinwände, die schweren Bilder, Lebensmittel, Heizmaterial, alles musste über viele Stufen in den zweiten Stock geschafft werden. Geld für helfende Hände war nicht vorhanden. Aber die Kraft des Franz Grabmayr war damals schier unerschöpflich." Immerhin sind die Räume großzügig und hell. Sie haben 24 Fenster. Das hat er einmal abgezählt. Licht ist besonders wichtig für ihn.

Grabmayrs Arbeiten zwischen 1964 und 66 werden als "Grüne Bilder" bezeichnet. Diese Grüne Periode hängt ganz unmittelbar mit seiner Naturverbundenheit, seiner Gradlinigkeit, seiner Wahrheitstreue in der Kunst zusammen.

Grabmayr: "Die ganze Landschaft war rundherum grün. Ich wollte keine Farben erfinden. Ich wollte nicht, was weiß ich, einen roten Baum malen, wenn ich das Grün seh'. Ich wollte wirklich das Grün differenzieren. Ich hab' natürlich gelesen. Der Cézanne hat gesagt: Es gibt 200 verschiedene Grüns, van Gogh hat die vielen verschiedenen Grün bewundert. Es gibt einen solchen Reichtum, überhaupt wenn man von Grün ins Grau hineingeht. Und so hab ich einfach diese grünen Landschaften mit diesen Variationen - in kalten und warmen Grün und ins Grau und ins Blau - gemalt. Wenn man den Cézanne anschaut: Der Mont St. Victoire, dieses Grün wie das ins Blau hineingeht und die Grün wie sie ins Grau hineingehen. Eine herrliche Sache, die Grünmalerei. Vincent van Gogh hat in Nordholland auch diese Periode gehabt, auch sehr grün und sehr dunkel."

Grabmayr spielt hier auf die Periode zwischen 1881 und 85 an, in der van Gogh dunkle, tonige Bilder malte. Erst seit seinem Aufenthalt in Paris und seiner Konfrontation mit dem Impressionismus und unter dem Einfluss japanischer Farbholzschnitte verwendet van Gogh helle und reine Töne. Und dann sein Malen im sonnigen Südfrankreich, in Arles und Umgebung.
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